Höchstwahrscheinlich werde ich bei Kriegsende in ein Kloster ziehen, zusammen mit meinem Kind. Und wir werden dort nur noch schweigen. Ich finde es toll, mit Kindern Zeit zu verbringen. Es gibt dabei nichts Fremdes an Kindern. Die Erwachsenen sind die Fremden.
Das schlimmste Szenario für die Ukraine, was man sich vorstellen kann, keine Ahnung, so wie es jetzt ist. Ich werde zurückkehren und ich werde helfen, die Menschen wieder aufzubauen und alles zu korrigieren, was da schieflief. Das schlimmste Szenario für die Ukraine ist doch bereits passiert. Oder ginge es noch schlimmer?
Aber ich will auch hier sein. Mir gefällt es hier sehr, ich möchte noch mehr lernen, wachsen, mich weiterentwickeln.
Ich bin bereit! Aber ich gehe erst nach Kriegsende zurück. Ich werde helfen, mein Land wieder aufzubauen. Ich möchte gerne über die Zukunft sprechen, die niemand kennt.
Ich bin immer noch dieselbe Frau, ich bin kein neuer Mensch. Ich habe ein neues Zuhause in einem neuen Land, ich habe einen neuen Beruf. Ich werde Rehabilitationspsychologin sein, statt mich mit der Restaurierung von Ikonen zu beschäftigen.
Es ist ein bisschen anders, aber ich bin immer noch dieselbe Maria. Ich bin wie ein Kind, das wächst. Ein Kind in endlosem Wachstum, so komme ich mir vor.
Der Abzug aller russischen Truppen und die territoriale Integrität. Die Krim gehört wieder zur Ukraine. Das ist das optimistischste Szenario. Die Russen ziehen einfach stillschweigend ihre Truppen ab und hinterlassen die gesamte Ukraine so, wie sie vor 1991 war. Lass dies das einzige Szenario sein! Ich möchte keine anderen Szenarien erfinden.
«Ein hoch gewehter Rock für die Ewigkeit.» So würde ich das Denkmal zum Kriegsende nennen. Wie das Foto von Marilyn Monroe, als sie auf einem U-Bahn-Schacht steht und das Kleid von einem Windstoss angehoben wird. Alle Menschen der Ukraine können sich unter so einem Rock verstecken und sich vor Regen und Bomben schützen. Das ist es: Ein vielseitiger, universeller Unterschlupf, ein grosser Regenschirm, ein voluminöses Ding, das so gross ist wie die ganze Ukraine, eine Kuppel. So wie der Iron Dome der Israelis.
Es lohnt sich auf jeden Fall, die Ukraine zu reparieren. Der Optimismus ist grundsätzlich berechtigt. Aber vieles hängt von der Hilfe von aussen ab, von den Nachbarn, an die das Land grenzt. Wenn die Ukraine noch mehr in Richtung Europa rückt, wird es sicher besser sein. Und die Armee gehört dann zur NATO.
Ich möchte einfach, dass alles friedlich gelöst wird. Oder lieb. Kann man sagen. Eine liebe Lösung des Konfliktes ist mein Wunsch. Ja, ganz lieb. Das ist möglich.
Es gibt aber ein paar Dinge, die müssen wirklich aufhören. In der Ukraine werden immer noch viele Kinder geschlagen. Im Kindergarten, in der eigenen Familie. Es kommt sehr, sehr schnell zu Schlägen. Viele Kinder machen bereits in der Kindheit traumatische Erfahrungen. Das macht sie jetzt vielleicht härter und sie können besser mit dem Krieg und den Kriegstraumata umgehen, aber dennoch sollte kein Kind so aufwachsen müssen.
Das wäre in der Schweiz inakzeptabel. Auch dass ein betrunkener Vater seine Familie verprügelt, bleibt nicht ungestraft, so etwas gibt es hier praktisch nicht. In der Ukraine gibt es das ständig. Und dennoch denke ich, dass alles repariert werden kann.
Ich werde in Kiew ein Rehabilitationszentrum für Kinder und Jugendliche eröffnen. Für alle, die während des Krieges gelitten haben. Mein Bruder Alexei wird die Buchhaltung führen. Ich werde aufräumen und die Blumen giessen. Es gibt ein grosses Aquarium im Empfangsbereich. Mit exotischen, bunten Fischen. Es gibt einen grossen, hellen Raum mit grossen Fenstern. Einen Raum, in dem es angenehm ist, sich aufzuhalten.
Und ich weiss, ich muss aufpassen, dass ich nicht auf die korrupten Strukturen, die vor dem Krieg herrschten, zurückgreife, um mein Rehabilitationszentrum zu finanzieren. Ich muss jetzt schon anfangen, diese Struktur zu planen. Ich muss bereit sein, wenn die Wiederaufbau-Fonds anfangen, Rehabilitationszentren ihr Geld auszuschütten.