Basel Visual Art 05.05.2023
Collaboration
Anna Savitska / Thomas Zollinger
Basel Visual Art 06.05.2023
Collaboration
Anna Savitska / Thomas Zollinger
14 Tage
Basel Visual Art 05.05.2023
Collaboration
Anna Savitska / Thomas Zollinger
Basel Visual Art 06.05.2023
Collaboration
Anna Savitska / Thomas Zollinger
Anna Zakharova, Olga Kutsan and Choir – 14 Tage
DE
14 Tage – Gott ist groß und einer – das ist eine spirituelle Hymne der Ukraine, geschrieben von Mykola Lysenko. Ein kraftvolles und lebensbejahendes Werk, das den Geist nicht fallen lässt. Wir haben uns für diese besondere Arbeit hier entschieden, weil wir an unseren Sieg glauben, daran, dass die Ukraine gedeihen wird. Glück und Wille für viele Jahre!
UKR
14 днів – Боже великий єдиний – це духовний гімн України, написаний Миколою Лисенко. Могутній та життєстверджувальний твір, який не дає впасти духом. Ми вибрали тут саме цей твір, бо ми віримо у нашу перемогу, у те, що Україна буде процвітати. Щастя та воля на многії літа!
Das persönliche Trauma?
Ja. Deswegen wollte ich ja mit dir reden, damit ich mich selbst nicht traumatisieren muss. Das ist aus meiner Perspektive die bessere Lösung. Verstehst du das? Wenn sich alle traumatisieren lassen, wird es keine Berichterstattung mehr geben, oder ist das falsch?
Nein, das ist richtig.
Das eine ist der Versuch, eine Begegnung herzustellen, und wir beide leben nach der Begegnung noch. Wir begeben uns nicht in Todesgefahr und ich versuche nachher, darüber zu schreiben.
Über den Schmerz?
Ja?
Kennst du das Sprichwort: „Der Wohlgenährte glaubt dem Hungrigen nicht“? Ja?
Die Leute in der Schweiz sind wirklich wunderbar. Das Leben hier ist grossartig. Es gibt geistig gesunde, gebildete und schöne Menschen. Aber ihr habt echt keine Ahnung, in der Schweiz gab es keine Sowjetunion.
Ja?
Ihr wisst nicht, was eine hundertprozentige Bedrohung ist.
Ihr wisst nicht, was es heisst, verletzt zu werden oder durch eine Explosion zu sterben. Ich dachte am Anfang auch, das wird schnell enden. Eine oder zwei Wochen … Ich habe mich auch geweigert, daran zu glauben, dass es in einer modernen Welt möglich ist, solche Kriege zu führen.
Meine Reise begann am 24. Februar um 05:00 Uhr in Krywyj Rih. Es hiess, Russland habe eine Sonderoperation begonnen. Ich habe in diesem Moment an keinen einzigen Politiker gedacht. Ich hatte nur Gedanken für meine Kinder. Meine Reise begann mit zwei schrecklichen Explosionen.
Das Wichtigste in diesem Moment war für mich, die Hände meiner Kinder nicht mehr loszulassen, und wahrscheinlich der Erste-Hilfe-Koffer, ein paar Dokumente und eben die Hände meiner Kinder.
Nach ein paar Wochen ziehe ich nach Uschgorod. Es geschah alles auf wundersame Weise. Ich war mit einer Gruppe ukrainischer Ikonenmaler unterwegs. Die waren alle ziemlich prorussisch. Ich musste in dieser Gruppe deutlich Position beziehen.
Ich staunte über meine Tapferkeit, meine kalte Vernunft, meine Stärke, meine Willenskraft.
Ich staunte über meine Besonnenheit, meinen kalten Geist, die Furchtlosigkeit, den Mut.
Im Internet fand ich eine Anzeige, dass die Schweiz Flüchtlinge aus der Ukraine in Familien unterbringe. Die Ersten, die geantwortet haben, waren Luc und Alessandra. Ich erinnere mich nicht mehr an die Nachnamen. Entschuldigung. Das war meine Reise zu völlig fremden Menschen, ohne Sprachkenntnisse, mit zwei Kindern im Arm. So habe ich erfahren, wie es ist, ins Nirgendwo zu springen. Ich wurde aufgefangen und wir wurden wie Verwandte akzeptiert. Ich bin sehr dankbar. Auch die Nachbarn sind freundlich und schön. Eine Nachbarin hat vier Hunde, ein Nachbar arbeitet im Coop. Alle sind freundliche Menschen. Sehr.
Question:
If the Ukraine War had no content but only a form,
what form would the war have after 14 days ?
Question:
In your perception, which animal represents the first 14 days ?
Question:
Do you know a symbol for the term “war room”and find form after experienced it for 14 days ?
War-room 2
(…) Look, I think that I am going crazy, because all the time I am hearing sounds of war, all these church bells, I am hearing all the time of them. Maybe I need to go to a doctor to get some therapy, I said. He said, no you are okay, because all around our place are a lot of churches. So, they are really ringing, belling. So, you are normal, he said, don’t worry about this. (…)
Raphael Reichert – 14 Tage
1b
Darf ich fragen, ob sich die Ereignisse seit dem 24.02.2022 in Ihren Träumen spiegeln? Wenn ja: Gibt es einen roten Faden?
2b
Können Sie den Gedanken über die Integration in der Schweiz zulassen, auch wenn der Krieg noch nicht vorbei ist?
3b
Glauben Sie, dass es Menschen gibt, die sich dafür schämen oder sich selbst Vorwürfe machen, wenn sie trotz des Krieges ihren lebensbejahenden Impulsen nachgehen?
4b
Können Sie bitte beschreiben, welche Oberfläche – als würden Sie ein Material oder einen Stoff berühren – die Nachrichten aus dem Kampfgebiet für Sie haben? Welche Temperatur, welches Gefühl auf der Haut?
5b
Können Sie sich vorstellen, dass man durch Bewegung und Körpersprache eine Geschichte darstellen kann, die Menschen aus verschiedenen Kulturen gleich deuten würden? Z. B. Sehnsucht, Verzweiflung oder Kummer? Glauben Sie, Sie selbst wären dazu in der Lage, eine Pose einzunehmen, die diese Zustände verkörpert?
6b
Glauben Sie, dass Sie anhand der Mimik und Gestik erkennen können, in welcher Gefühlslage sich eine andere Person befindet? Und wären Sie selbst in der Lage, nur mit Gestik und Mimik zu zeigen, wie es Ihnen geht?
7b
Würden Sie es bitte versuchen, anhand von
Linien oder Muster spontan den Zustand zu zeichnen, in dem Sie waren, als Sie von dem Angriff erfahren haben? Wie hat sich Ihr Gefühl seitdem verändert?
Der Krieg schmeckt bitter wie Blutorangen. Ich kann nie wieder Blutorangen essen. Als ich ihn schmeckte, wünschte ich mir, ich hätte keinen Geschmackssinn.
Der Krieg lag mir sofort im Magen, wie Fondue.
Vor dem Krieg hörte ich immer nur Musik. Immer war etwas in meinem Kopf, ein Summen, das mich begleitete.
Es hörte auf.
Mein Kopf wurde leer.
Bis ich wieder eine Melodie aufnehmen konnte,
oder mich an einen Songtext erinnern können würde,
würde es dauern.
Es würde Strassen, Landschaften, Grenzen und Häuser dauern.
Als ich wieder bei mir war, nach den Mantras, nahm ich das Gerät, indem ich eine Bedrohung gesehen hatte und schrieb all meinen Freunden eine Nachricht. Fragte wie es ihnen ging, ob sie den gefrässigen Bären gesehen hätten, was sie machten, was sie fühlten, ob sie bleiben würden, oder ob sie gehen würden.
Bei einigen dauerte es keine Stunde, sie packten und gingen.
Sie wussten, was sie tun würden.
Andere würden die Heimat nie verlassen, weder wollen noch können.
Doch gab es welche, die sich Zeit nahmen und überlegten.
Zeitverschwendung ist der grösste Fehler der Menschheit, glaube ich.
Doch ich, ich wusste auch nicht, was ich machen sollte.
Ich wünschte, ich könnte ins Kloster gehen und eine Woche lang schweigen.
Wie damals mit Mutter, als ich Christin war und sie mich zu einer Buddhistin machte.
Im Kloster vor langer Zeit, als alle schwiegen und ich meinen Gedanken ordnen konnte.
Da dies keine Option war, machte ich Google Apps auf und dachte nach. Wohin?
Ich möchte allfällige Geschenke selbst aussuchen. Ich bin mit zunehmendem Alter praktischer geworden. Ich weiss nicht, Geschenke?
„Schuld“ ist etwas für religiöse Menschen. „Verantwortung“ wäre für die anderen.
Wer trägt die Schuld oder die Verantwortung an diesem Krieg? 40 % Russland, 30 % die Ukraine, 30 % Europa oder 100 % Russland? Wieso soll ich solche Gedanken haben? Ist das gut, wenn man versucht, aus einer Tragödie einen Prozentkuchen zu machen? Ich kann es schon machen, das alles so einteilen, aber wozu? Warum?
Benutzen wir Schuld und Verantwortung wirklich als Synonyme?
Als der Krieg begann, war für mich offensichtlich, dass zu 100 % Russland schuld am Krieg war. Russland hat die Ukraine angegriffen: 100 %.
Und dann, später, wenn man noch mal darüber nachdenkt, wird es nicht klarer. Aber es wird einem immer wieder gesagt: 100 %.
Und man fängt an, diese Werbung für eine bestimmte Sichtweise zu akzeptieren.
Ich werde in die Geschichte eingehen, wenn ich das nicht tue. Okay, ich werde es nicht tun. Ich werde die Werbebotschaft etwas abändern.
Ich kenne mich mit Geopolitik zu wenig aus.
Für mich bleibt Russland der offensichtlich Schuldige dieses Krieges. Zu 80 %.
Ich denke, die Ukraine ist auch schuld.
Ich werde aber nicht näher darauf eingehen.
Es gibt auch die Meinung, dass die Vereinigten Staaten Interesse an diesem Krieg haben.
Ich bin kein offensichtlicher Anhänger dieser Hypothese. Für mich sind die Vereinigten Staaten das Land, das Waffen liefert, damit die Ukraine ihr Territorium verteidigen und schützen kann.
EN
14 days – This reflects the rampant state of orcs in Ukraine, the influx. Riots and chaos. Murder and the horrors of war.
UKR
14 днів – Це відображає розгул орків в Україні, навалу. Безчинства та хаос. Вбивства та жахи війни.
Jörg Köppl – 14 Tage
DE
H. erfuhr auf ihrer Flucht viel Hilfe und Wohlwollen. Als sie in Bukarest ankam, wurde ihr ein Flug in die Schweiz angeboten. Ich muss unweigerlich an all jene denken, die weniger Hilfe erfahren und im Mittelmeer ertrinken.
EN
H. experienced a lot of help and goodwill during her escape. When she arrived in Bucharest, she was offered a flight to Switzerland. I can’t help but think of all those who receive less help and drown in the Mediterranean.
Девушка копает землю чайной ложкой. Зачем? Она копает могилу? Хоронит кого-то? Кого-то, кто погиб на войне? Или случайно погиб? Случайная жертва? Время – военное. А в военное время всякое может случиться. Может она пытается так похоронить прошлое? Воспоминания? Или выкопать сокровище? Клад?
Чайной ложкой клад не выкопаешь. И всё своё прошлое тоже не похоронишь. Даже могилу не выкопаешь чайной ложкой, разве что для насекомого. Или для небольшой птицы. Для колибри. Или для попугая Кеши, который умер. Давно уже, не сейчас. До того как разразилась война.
В могиле, вырытой чайной ложкой, можно похоронить кое-какие воспоминания. Неприятные, малоприятные, но и приятные тоже. О детстве, в Украине. О переходном возрасте. Можно похоронить воспоминания о первой любви. Или о влюбленности. Или о зависимости. В переходном возрасте ещё не разберешь. Но и в зрелом это не просто, увы. Небольшая могилка, вполне подходящая для воспоминаний о первой зависимости времен переходного периода. Такую вполне возможно выкопать чайной ложкой, всего за 7 минут.
Но, нет, украинская девушка подкапывает цветок. Чайной ложкой она подкапывает ромашку в идиллическом швейцарском парке. Ромашка – символ любви, или влюбленности. Не к себе, к Другому. Даже Земфира так поёт:
Привет, ромашки
Кидайте деньги, читайте книжки
Дурной мальчишка ушел, такая фишка
Нелепый мальчишка.
Sebastian Hofmann – 14 Tage
In cooperation with Katia and Kateryna Vysoka/
In in Kooperation mit Katia und Kateryna Vysoka/
Y співпраці з Katia та Kateryna Vysoka
expression pictures/Ausdrückbilder/виразні картинки
expression pictures/Ausdrückbilder/виразні картинки
Es ist eine kalte Nacht an der Grenze zu Polen. Die Menschen stehen dicht gedrängt und warten. Zwischen Erleichterung über die geglückte Flucht und Entsetzen über den Krieg versuchen sie diese Nacht für die Kinder unbeschwert zu machen.
Sechs Mal umsteigen bis nach Aarau
Nehmen Sie als erstes den Bus Linie 5 von Odessa nach Palanca, Moldau. Dort steigen Sie auf den Sonderbus S1 nach Chișinău um. Aufgrund erhöhter Flüchtlingsströme müssen Sie mit einer Verspätung von mehreren Tagen rechnen. Wählen Sie in Chișinău die gewünschte Busverbindung nach Europa (Hinweis: Der nächste freie Bus fährt nach Bukarest, Rumänien). Beeilen Sie sich: Ihre Anschlussverbindung Bukarest – Wien wartet auf Sie. Mit dem Zug kommen Sie anschliessend nach Zürich HB, auf Gleis 32 fährt dort der IC5 nach Aarau. Ausnahmsweise ist die Mitnahme von jeglichen Haustieren erlaubt.
Meditation
Mutter sagt, ich solle meditieren, um den Krieg zu beenden. Die Leute haben vollständig den Verstand verloren, das Einzige was jetzt noch helfen könnte, sind Mantras. Vielleicht hält das die Russen davon ab, in unser Dorf einzumarschieren. Ich meditiere eine ganze Stunde, Mutter flüstert Gebete.
Papagei
Als ich mit meiner Mutter und kleinen Schwester nach Polen gehe, gebe ich Grossmutter meinen Papagei. Nach zwei Wochen stirbt er. Er konnte auch sprechen.
Umschulung
Irgendwann las ich in der Zeitung: Fachkräftemangel in der Schweiz. 14 Tage nach Kriegsausbruch bin ich in Aarau, um Filme zu drehen. Das Amt meinte: Fachkräftemangel, nicht Flüchtlingsmangel, verstehen Sie? Aber Umschulung ist kein Problem. UM-SCHU-LUNG. Verstehen? Dort waren Sie: Drehbuchautor und Regisseur. Hier: Flüchtling. Status S. Umschulung kein Problem.
Karma
Ich spreche kein Russisch mehr, auf Ukrainisch kann man auch gut fluchen. Damit habe ich aber aufgehört: Das ist schlecht fürs Karma.
Crash Cours Menschlichkeit
Als wir durch Ungarn fahren, hält der Zug immer wieder und es kommen Menschen rein. Sie rufen: „Ukraine, Ukraine!“ und verteilen Essen, Trinken und Spielzeug für die Kinder. In der Schweiz komme ich erst in einem Bombenschutzraum unter, später bei einer Familie. Wir feiern gemeinsam Feste und ich lerne allmählich die Schweizer Kultur kennen.
Bagrat Arazyan-Natalia Zhigaylo – 14 Tage