Basel 06.05.2023
Collaboration
Anna Savitska / Thomas Zollinger
56 Wochen
Basel 06.05.2023
Collaboration
Anna Savitska / Thomas Zollinger
Anna Zakharova, Olga Kutsan and Choir – 56 Wochen
DE
56 Wochen – Dieses Lied, wunderschön vorgetragen von Anna Zakharova, erzählt die Geschichte eines Soldaten, der als junger Mann in den Krieg zog und so alt und grau aus dem Krieg zurückkehrte, dass seine Verwandten ihn nicht erkannten. Krieg sieht in Büchern nur heroisch aus, aber in Wirklichkeit bringt er Schmerz, körperliche Behinderung und Tod mit sich. Dieser blutige Krieg nimmt der Ukraine die besten Leute weg. Aber ihre Kinder werden sich an dieses Opfer erinnern und die Ukraine wieder aufbauen und sie noch besser machen! Die Opfer sind nicht umsonst. Ehre sei den Helden!
UKR
56 тижнів – Ця пісня у чудовому виконанні Анни Захаровоі розказує про воїна, який пішов на війну ще молодим, а з війни повернувся таким старим та сивим, що його не впізнали рідні. Війна лише в книжках виглядає героїчною, а насправді несе біль, фізичні вади та смерть. Ця кривава війна забирає найкращих людей України. Але їхні діти будуть пам’ятати цю жертву, відбудують Україну та зроблять її ще кращою! Жертви не даремні. Слава героям!
Wenn es einen Wettbewerb zwischen verschiedenen politischen Systemen gibt, kann es passieren, dass sich schlechte politische Systeme einfach selbst beseitigten, hast du dir das schon mal überlegt?
Natürlich, natürlich ist es besser, alles Negative auszuschliessen, aber wir reden da trotz allem von meinem Land! Und möchtest du, dass ich in Kauf nehme, dass sich mein Land auflöst?
Ja, das ist ja nun wirklich ein sehr korrupter Haufen!
Wettbewerb zwischen verschiedenen politischen Systemen.
Es kann passieren, dass sich schlechte politische Systeme selbst beseitigten,
hast du dir das schon mal überlegt?
Natürlich, natürlich ist es besser, alles Negative auszuschliessen,
aber wir reden da trotz allem von meinem Land! Ja.
Ja, aber wieso man euch besser behandelt als einen Syrer, ich verstehe es nicht. Und hör auf, mich mit dieser zerkratzten Platte der Menschlichkeit zu nerven.
Du möchtest, dass ich in Kauf nehme, dass sich mein Land auflöst? Wegen politischer Systeme, die sich dann besser durchsetzen als andere?
Ja. Wir sehen es ja. Wir tun so, als würde die Ukraine zum schönen, zivilisierten, humanen Westen gehören. Und wenn ich mir anhöre, wie ihr mit Kindern im Vorschulalter umgeht und wie dich dein Mann behandelt, dann frage ich mich schon, wo da die Kultiviertheit sein soll.
Ich bin sehr zufrieden mit unserem Gespräch. Danke.
Ich bin sehr zufrieden mit unserem Gespräch, mit deinem fröhlichen Gesichtsausdruck, dass ich meine Tochter hier die ganze Zeit spielen lassen kann und dass du dich nicht aufregst, dass sie gleichzeitig mit mir ins Mikrofon redet. Aber der Gedanke, dass sich mein Land auflösen könnte, weil es nach deinen Massstäben zu schlecht ist, schockiert mich.
Ich denke darüber nach, dass ich zurückkehren kann.
Ich denke darüber nach, dass ich zurückkehren kann.
Ich denke darüber nach, dass ich zurückkehren kann.
Ich denke darüber nach, dass ich zurückkehren kann.
Du solltest in die Ukraine reisen, statt hier mit mir Interviews zu machen, dann würdest du alles viel besser verstehen. Du kannst in meine Heimatstadt reisen, nach Krywyj Rih, dort kannst du dich ausruhen. Du wirst auf jeden Fall von Bekannten von mir abgeholt, gefüttert und du wirst viel Zeit zum Ausruhen haben. Wenn es keine Sirenen gibt, kannst du bei sonnigem Wetter Spaziergänge machen. Haha. Und sonst sind die Luftschutzbunker die Hauptbeschäftigung. Und die sind bei Weitem nicht so bequem wie in der Schweiz. Du kannst dann die Ereignisse besser beschreiben. Das bringt nichts, wenn wir hier reden. Wenn du in einem Bunker sitzt und von allen Seiten beschossen wirst, dann erst wirst du gut darüber schreiben können. Tja, das ist schrecklich, natürlich, ich wünsche niemandem ein solches Erlebnis. Aber: „Einmal sehen ist besser als hundertmal hören!“ Wenn du Glück hast, hast du die Möglichkeit, unversehrt abzureisen.
Ich werde dir auch mit einem Sprichwort antworten: „Um über jemanden zu schreiben, der Schnitzel mit Pommes frites isst, muss man weder ein Schnitzel noch Pommes frites sein.“
Ich denke, es sind verschiedene Ansätze: Ich kann versuchen, mich durch eine persönliche Begegnung mit dir berühren zu lassen. Ich kann versuchen zu spüren: mit meiner Haut, mit meinen Ohren, mit meinem Herz, mit allem, was mir zur Verfügung steht. Oder ich kann selbst dorthin gehen und die Lebensgefahr auf der eigenen Haut spüren und dann traumatisiert zurückkommen. Ich glaube, es sind wirklich zwei verschiedene Ansätze, wie man mit Betroffenheit umgehen kann. Ich finde beide gut.
Wer’s glaubt, wird selig.
Wer’s sieht, glaubt’s.
Sehen heisst Hören.
Sehen heisst Glauben.
Sehen ist Glauben.
Wann? Ich stelle all meinen Freunden dieselbe Frage: Wann, wann wird der Krieg enden, wann?
If the Ukraine War had no content but only a form, what form would the war have after 56 weeks?
In your perception, which animal represents the first 56 weeks ?
Do you know a symbol for the term “war room”and find form after experienced it for 56 weeks ?
(…) I started to think, what should I do, how to improve my life, life of people in Ukraine also. (…) How can I be useful to society in Ukraine, and also for ukrainian people here in Switzerland. How can I improve my lief and life of theese people. (…)
Raphael Reichert – 56 Wochen
1d
Darf ich fragen, ob sich die Ereignisse seit dem 24.02.2022 in Ihren Träumen spiegeln? Wenn ja: Gibt es einen roten Faden?
2d
Können Sie den Gedanken über die Integration in der Schweiz zulassen, auch wenn der Krieg noch nicht vorbei ist?
3d
Glauben Sie, dass es Menschen gibt, die sich dafür schämen oder sich selbst Vorwürfe machen, wenn sie trotz des Krieges ihren lebensbejahenden Impulsen nachgehen?
4d
Können Sie bitte beschreiben, welche Oberfläche – als würden Sie ein Material oder einen Stoff berühren – die Nachrichten aus dem Kampfgebiet für Sie haben? Welche Temperatur, welches Gefühl auf der Haut?
5d
–
6d
Glauben Sie, dass Sie anhand der Mimik und Gestik erkennen können, in welcher Gefühlslage sich eine andere Person befindet? Und wären Sie selbst in der Lage, nur mit Gestik und Mimik zu zeigen, wie es Ihnen geht?
7d
Würden Sie es bitte versuchen, anhand von Linien oder Muster spontan den Zustand zu zeichnen, in dem Sie waren, als Sie von dem Angriff erfahren haben? Wie hat sich Ihr Gefühl seitdem verändert?
Die Schweiz ist grün und sauber. Können sie mir das erklären?
Der Vater kam auch mit. Nach einem ewigen hin und her.
Er, mit den Augen von Moos im Frühling.
Bei uns im Flüchtlingslager gibt es eine Mülltrennung. Und es gibt einen Koch. Der Koch ist nett, er überraschte mich mit dem Essen meiner Grossmutter.
Da war ich glücklich und hörte wieder Musik.
Der Krieg kroch für eine kurze Zeit aus meinem Magen.
Ich stelle mir meine Grossmutter als Flüchtlingslager-Köchin vor. Mit einer Schürze, mit Messer in der Hand, schnipselnd, für andere. Sie hätte immer den Fernseher an, beim Kochen, mit ihren Nachrichten. Nein, das passt nicht.
Aber der Koch, der unterhaltet sich mit mir, so wie die Menschen aus anderen Ländern, die hier sind. Auch aus Kriegsgebieten. Sie wirken optimistischer als meine Familie. Sie fragen, mich, ob ich mit ihnen in die saubere Stadt komme.
Das ist schön! Ich fühle ich mich nicht allein.
Ich bin in einem Museum in Lausanne. Die Welt ist in verschiedenen Formen von Licht gezeichnet. Lichter, Streifen, Flächen, Farbflächen, Punkte, geometrische Unterteilungen, schwarzweisse Fotografien, Zeichen, Buchstaben, Säulen, Wölbungen, Falten, Reflexionen, Spiegelungen,
Beschleunigung, Fortschritt.
Da will ich hin!
Was ich in der Schweiz lernte: Nicht jeder Flüchtling hat das gleiche Glück, wie ich, auf nette Menschen zu treffen. Einige treffen auf Menschen, die uns hier nicht wollen. Wissen diese Menschen, die uns hier nicht wollen, dass es Zufall ist, wo man geboren wird? Denken sie nicht, dass sie jemals, in eine solche Situation geraten könnten?
Eine Situation, in der das Licht ausgeht, weil eine Bombe, die Elektrizität zerstört hat.
Ich jedoch hatte Glück, gute Menschen zu treffen.
Ich schaue ein Bild von Pinguinen an. Ich frage mich, wieso sind wir keine Zügelpinguine? Nackt, nebeneinander, liegend, in den Flächen der Erde verteilt, ausrutschend, badend, der Natur gerecht.
Dinge, die mir aufgefallen sind:
Das Wasser ist in der Schweiz gut, es schmeckt nach Wasser.
Die Luftschutzbunker sind gut, man kann sich darin verstecken.
Fondue ist fein, mit Fleisch schmeckts besser.
Die Züge sind prima. Schöne Aussichten, keine Verspätungen.
Die Schweiz ist ein Büro.
Ich freute mich, als sie mich einluden, um über mich und den Bären zu sprechen. Ich trank Kaffee, die Sonne schien. In der Küche roch es nach Gewürzen, eines Landes, in welches ich die Füsse nie gesetzt habe.
Sie fragten mich, willst du teilnehmen? Willst du ein Hörspiel werden, willst du eine Geschichte werden, willst du irgendwas werden? Obwohl ich fast keine Zeit habe, da ich drei Sprachen lerne: Tibetisch, Deutsch, Französisch und eine verlerne: Russisch, sagte ich zu. Ich freute mich, mich für Kunst auszustellen.
Und jetzt werde ich angestarrt, angestarrt von einem Mann, der alles aufnimmt, was ich sage, von diesem anderen, der mir alles auf Ukrainisch übersetzt und von dieser Frau, die mir die Fragen stellt. Alles, weil ich Teil der Geschichte geworden bin, der aktuellen, grösseren Geschichte.
Ich bin oft Ausstellobjekt, auch wenn es kein Kunstprojekt ist. Oft schauen mir die Leute dabei zu, wenn sie über den Krieg erfahren, wie ich irgendwas Belangloses mache.
Zum Beispiel, wie ich in mein iPhone Nachrichten eintippe.
Als wäre ich der Krieg. Als wäre der Krieg meine Geschichte.
Dann fragen sie sich, wer ich war, wer ich bin und wie ich lebe, wer ich sein werde.
Ich vermisse jemanden, sage ich, ich bin jemand, wissen sie?
Ich vermisse einen Jungen, den ich seit fünf Jahren und 2252 Kilometer liebe, der nach Deutschland geflüchtet ist und dort lebt.
Sie fragen mich, was wäre ein grossartiges Geschenk für dich? Und ich sage, ein Buch über Art Brut.
Hast du Geld verloren? Fragen Sie. 20 Franken sage ich. Ich komme nicht aus einer reichen Familie, die Wohnung war gemietet, die Möbel von meinen Eltern, die Kleider habe ich mitgenommen.
Den Tanzstiefel zurückgelassen, das Tanzen auch.
Für lange Zeit habe ich nur die Füsse mitgetragen.
Jetzt tanze ich wieder.
Ich singe sogar wieder in der Dusche. I will always love you. Von Whitney Houston.
Der Krieg endet so schnell wie möglich. Unser Land wird wieder aufgebaut, die Städte werden alle wieder aufgebaut.
EN
Awareness of the need to act and work as much as possible. Help Ukraine wherever you are. Every effort counts. Life goes on.
UKR
56 тиждень – Усвідомлення необхідності діяти та працювати якомога більше. Допомагати Україні, де б ти не був. Кожне зусилля має значення. Життя продовжується.
Jörg Köppl – 56 Wochen
DE
Die Erde in der Ukraine ist durch den Krieg stark verseucht – auf einer Fläche, die viermal so gross ist wie die Schweiz. Die Reinigung eines einzigen Quadratzentimeters kostet dreissig Schweizerfranken. Die Aufgabe ist zu gross, aber H. ist zuversichtlich, dass wir es schaffen können.
EN
The soil in Ukraine is heavily contaminated by the war – over an area four times the size of Switzerland. Cleaning a single square centimeter costs thirty Swiss francs. The task is too big, but H. is confident that we can do it.
В щебете птиц слышится зов. Зов к девушке. Зов соблазнить цветок. Птицы взывают к девушке осуществить то, что длится, без надежды на результат. Возможно блазнить цветок, но не со-блазнить. Цветок есть, поэтому он не поддается соблазну. Но и соблазн есть, как действие, как процесс, как явление. Поэтому он может длиться. Один год, 56 недель, или дольше. Соблазн может длиться бесконечно и безрезультатно. Как и война.
Мы гуляем по парку и говорим. Девушка интересуется, почему я изучал философию.
Культурологию.
Историю искусств.
Литературу.
Девушка тоже хотела бы изучать это всё.
Она не хочет выходить замуж.
Она не хочет растить детей, как другие девушки.
Она хочет изучать это всё.
Как я, когда-то. Как я, когда приехал в Европу. Вот это вот всё.
Это всё, что останется после меня…
Это всё, что возьму я с собой…
Это всё. В моей голове снова звучит русский рок, русская поэзия. Это всё – словосочетание, которое почти каждый, кто говорит по-русски – не важно украинец, белорус, или русский – употребляет по 10-30 раз на день. Может и 50 раз, как мои родители, например. Мне часто любопытно уточнить, что именно эти все люди имеют в виду, когда так говорят, это всё. Но мне обычно лень уточнять. Они же всё равно не знают. Они говорят, не знаю. Некоторые говорят это фигура речи. Или фигура языка. Сейчас я всё-таки уточняю.
Мне интересно и то, и другое, и третье. Мне многое интересно. Я не могу точно решить.
Проблема выбора, которую я упоминал в начале. Хорошо знакомая. Если бы я был молод, я бы сделал иной выбор. Я бы не изучал ни философию, ни культурологию, ни историю искусств. Ни литературу. Ничто из этого всего. Я бы и дальше интересовался бы этим всем, само собой, – это всё интересно, но я изучал бы материальную, телесную, предметную и надежную науку, которая даёт высокий и стабильный доход, возможность иметь и содержать семью, в том числе в Европе. Я бы изучал медицину или биологию или инвестиционный менеджмент, может быть, банковское дело. Я бы женился на совсем другой женщине и зачал бы много детей. Сейчас, когда мне 40 лет, уже, наверное, слишком поздно. Я пытаюсь кое-как объяснить это девушке, но у меня не получается, застревает ком в горле.
С другой стороны, нельзя сказать, что я сожалею о том, кем стал и как это всё сложилось, говорю я, глотая ком. А сложись это всё иначе, я бы, возможно, и сожалел. Я ведь хотел прожить интересную жизнь, а не скучную. И я её прожил, и проживаю. Вот и девушка говорит: это всё так интересно, что вы изучали и что вы делаете, когда я говорю ей, что изучал, интересую парадоксальные явления: соблазн, эротическое вожделение, смерть… И вот, теперь ещё и война.
Война и соблазн парадоксальны (помимо прочего) потому, что обычно (не всегда) в них невозможно достичь результата. В большинстве войн невозможно победить, а возможно только проиграть, потратить время, силы, ресурсы, как в этой вот войне. Очевидно, что в этой войне нет победителей, а есть только побежденные, но повсюду почему-то кричат о победе. Журналисты, политики, религиозные люди тоже громко кричат. И ведь понимают, что проиграют. Ну, такая страна как Швейцария и люди в Швейцарии может и выиграют, как обычно. Но об этом не кричат. Скорее наоборот, об этом все молчат. Как партизаны.
Так и с соблазном. Те, кого хочется соблазнить обычно соблазну не поддаются. Как цветы, например. Можно сколько угодно пытаться соблазнять цветок, но в итоге соблазнишься цветком. Я объясняю:
Французский философ Жан Бодрийяр об этом писал, в своей книге с одноименным названием „Соблазн“, которую здесь левые и феминистки очень не любят. Некоторые женщины здесь не любят Жана Бодрийяра почти так же, как Владимира Путина. Они считают этого философа чуть ли не своим личным врагом, хотя между Владимиром Путиным и Жаном Бодрийяром на самом деле нет, или почти нет, ничего общего.
Девушка танцует, соблазняя цветок, и я констатирую тот факт, что цветы-колокольчики почти такого же цвета как её платье. Я вспоминаю Оскара Уальда, который верно говорил:
„искушениям стоит поддаваться. Кто знает, вернутся ли они снова.“
Цветы, однако, не поддаются.
Sebastian Hofmann – 56 Wochen
In cooperation with Katia and Kateryna Vysoka
In in Kooperation mit Katia und Kateryna Vysoka
Y співпраці з Katia та Kateryna Vysoka
expression pictures/Ausdrückbilder/виразні картинки
expression pictures/Ausdrückbilder/виразні картинки
Das Leben hat wieder einen geregelten Ablauf, die Kinder werden in den Schlaf gesungen. Aber diese Schlaflieder sind getrübt, der Krieg allgegenwärtig: der Glaube an den Pazifismus ist verloren gegangen, nur Waffen können gegen Waffen antreten.
Identität
Ich werde gefragt, wie viel Prozent ich mich als Ukrainer fühle. 100%? 80%? 70, 10%? Hat sich daran etwas geändert, 1 Jahr nach dem Krieg? Keine Ahnung. Ich mag amerikanisches Kino, japanische Musik, Schweizer Bier und ukrainische Küche. Doppelbürgerschaft gibt es doch in der Schweiz? Ich brauche Vierfachbürgerschaft oder noch besser: Vielfachbürgerschaft.
Fondue
Mein Lieblingsgericht 1 Jahr nach dem Krieg: Fondue. Das macht so richtig satt. Man spürt das Gericht im Magen. Der Käse ist im Körper physisch anwesend. Noch besser ist Fondue mit Fleisch. Das Fleisch liegt im Magen wie ein müder Hund, dem man zufrieden mit der Hand über den Kopf streicht.
Paris
Grossmutter ist jetzt in Paris, liest täglich Zeitung und ist wütend.
Crêpes Gourmandes
Ich habe nach 1 Jahr in der Schweiz gelernt: Es ist nicht so wichtig, was man isst. Viel wichtiger ist es, mit wem man isst. Oder vielleicht ist mir das einfach nochmals klar geworden. Auch, dass das Essen hier doch abwechslungsreicher ist, als gedacht. Die italienischen und französischen Einflüsse habe ich anfangs versucht auszuklammern. In Lausanne gibt es zum Beispiel die besten Crêpes Gourmandes und die Menschen dort sind auch nett.
Heimat
Meine Freunde suche ich mir inzwischen nicht mehr selbst aus: Ich lebe im Flüchtlingslager. Über Kunst kann ich mich hier mit niemandem austauschen, aber der Koch ist nett. Eines Abends kocht er mit viel Liebe den Borschtsch meiner Grossmutter, den ich so sehr vermisst habe. Mit roter Beete, Kabis, Kartoffeln, Rindfleisch und Karotten.
Bagrat Arazyan-Natalia Zhigaylo – 56 Wochen